Stadtwerke Dreieich

Auf den Hut gekommen

Veröffentlicht am • News aus Dreieich und der Region

Auf den Hut gekommen

Elegant, edel, klassisch oder auch ein bisschen flippig – Stephanie Greifeld fertigt Hüte für jeden Anlass. Wir haben sie in ihrer Werkstatt besucht.

Ein Vormittag im Hut-Atelier in der Dreieichenhainer Fahrgasse. Ganz hinten  in der etwa acht Quadratmeter großen Werkstatt unter einem spitzen Giebeldach zischt und dampft es. Schemenhaft ist Meisterin Stephanie Greifeld zu erkennen. Sie führt eine Art Duschkopf um einen Filzrohling, den sie zuvor auf einen Holzkopf gezogen hat. Um den so formen zu können, wie sie es sich vor-stellt, braucht es neben der Dampfbehandlung zweierlei: Fingerspitzengefühl und richtig Kraft. Mit vollem Körpereinsatz zieht sie das überste-hende Material der künftigen Kopfbedeckung nach unten. Um es später und nach einer weite-ren Bedampfung wieder nach oben zu klappen. Denn aus dem braunen Rohling soll ein Hut ent-stehen, wie er in den Goldenen Zwanzigern auf vielen Frauenköpfen zu sehen war

Hüte ein Zeichen von Individualität

„Seit ,Babylon Berlin‘ sind diese Charleston-Hüte wieder in“, erklärt Stephanie Greifeld. Ganz davon abgesehen, passt diese Hutform außerordentlich gut zur Idee der Modistin. „Mein Ziel ist es, tragbare Hüte mit Pfiff zu entwerfen und herzustellen“, formuliert sie ihren Anspruch. Klar, heutzutage sind Hüte – gleich ob für Damen oder Herren – ein Zeichen von Individualität. Quasi die Vollendung eines besonderen Outfits. Also ein Kleidungsstück, das vor allem der Zierde dient. Kopfbedeckungen aus Stephanie Greifelds Werkstatt sollen aber nicht nur schmücken, sondern auch andere Funktionen erfüllen. Jener Charleston-Hut etwa reicht bis über die Ohren und wärmt entsprechend. Und für den Sommer gibt es Modelle, die Luft ans erhitzte Haupt lassen, aber exponierte Partien wie Ohren und Nase vor aggressiven UV-Strahlen schützen. Selbstverständlich kreiert Stephanie Greifeld auch echte Hingucker – also Hüte, die vornehmlich Kundinnen zu speziellen Anlässen aufsetzen möchten. 

 

Quote

Die Stilberatung ist für mich ein zentraler Bestandteil meines Berufs"

Stephanie Greifeld, Inhaberin Hut-Atelier

Hochzeiten stehen hier natürlich ganz oben auf der Liste“, erzählt die Hutmacherin. „Doch immer wieder kommen auch Kundinnen, die etwas für eine Taufe, einen Empfang oder auch für Beerdigungen suchen.“ Aber egal ob vergleichsweise schlichter Alltagshut oder extravaganter Fascinator – was Stephanie Greifeld anfertigt, passt immer zur Trägerin oder zum Träger. „Die Stilberatung ist für mich ein zentraler Bestandteil meines Berufs“, bringt sie es auf den Punkt. Und nennt auch gleich den Grund dafür: „Wer einen Hut trägt, muss sich hundert-prozentig wohl damit fühlen. Hüte, die in Schränken liegen, gibt es genug.“ 

Frankfurt, London, Dreieichenhain

Das Gespür für den jeweiligen Typ hat sich Stephanie Greifeld redlich erarbeitet. Nach der Lehre in einem renommierten Frankfurter Betrieb und einem kurzen Intermezzo in Freiburg bewarb sie sich bei Mr. Fox, dem königlichen Hutmacher in London. Und durfte mitarbeiten. Ihre ausgezeichneten Referenzen – sie war Bundesbeste bei der Gesellenprüfung – haben da aber nur eine untergeordnete Rolle gespielt. „Ich musste zeigen, was ich kann“, erinnert sie sich. Offenbar war Mr. Fox von ihren Fähigkeiten überzeugt. Er übertrug ihr sogar eine besondere Aufgabe, die sie mit Bravour löste: Einen Hut für Queen Elizabeth herzustellen. 1991 war die Monarchin damit bei ihrem Australienbesuch zu sehen. Diesen großartigen Erfolg im Gepäck, trat die 'eschde Haanerin' die Rückreise in die Heimat an, machte sich selbstständig und eröffnete ihr erstes Hut-Atelier in der Alten Bogengasse. 2003 zog sie in die Fahrgasse um.

Nur beste Materialien

Von Anfang an setzte Stephanie Greifeld nur auf beste Materialien – statt herkömmlichem Wollfilz verwendet sie ausschließlich Hasenhaarfilz. Ihre Sommermodelle fertigt sie aus sogenanntem Exotenstroh. Darunter fassen Fachleute Fasern von Seegras, Sisal, Palmen oder anderen Gewächsen zusammen. Selbstverständlich gibt es all diese natürlichen Rohstoffe in vielen verschiedenen Farben. Und wie eigentlich überall kostet Qualität auch im Modisten-Metier richtig Geld. Rund ein Drittel des Endpreises entfällt auf das Material. Und das, obwohl Stephanie Greifelds Lehrherrin ihr jede Menge Federn, Borten und Bänder aus ihrem Fundus überlassen hat. Wer dann noch weiß, dass die Handwerkerin etwa vier bis fünf Stunden an einem Hut arbeitet, erkennt, dass die durchschnittlich 250 Euro im Grunde ein echtes Schnäppchen sind. Reich werden kann eine Modistin also nicht. Aber Geld war für Stephanie Greifeld nie ein Antrieb. Auch nach über 30 Jahren brennt sie noch für das, was sie tut, und erklärt ihre Motivation so: „Ich möchte mit nichts anderem meinen Lebensunterhalt bestreiten.“ 

Weitere Beiträge zu News aus Dreieich und der Region

Lust auf Lektüre? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter!